Eigentlich sollte diesen Sonntag die Alternative zum Velier Albion 1983 Full Proof Demerara Rum 25 YO erscheinen. Allerdings denke ich, dass ein kleiner Messebericht von der Finest Spirits in München hier nicht schaden kann. Schließlich unternahm ich diese kleine Reise gen Süden unter anderem wegen ihr. Also ein großes Sorry an alle von Euch, die ein Review erwartet hatten. Dieses wird auf den nächsten Sonntag verschoben. Ich hoffe ihr verzeiht mir. ;)
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Der "Außenbereich" des Messegeländes (MVG Museum) |
Was mit Whisky begann wurde in der Zwischenzeit zu einem Allrounder. Zumindest könnte man dies auf den ersten Blick meinen. Aber weit gefehlt: das Hauptaugenmerk, zumindest nach meiner Einschätzung, liegt hier in München eindeutig immer noch auf Whisky. Wie wir später noch sehen werden, hat mir diese Tatsache den Messebesuch gerade noch gerettet.
Ich muss gestehen, dass ich mich hauptsächlich auch wegen Whisky zur Finest Spirits begeben habe. Von den Rum-Ausstellern erwartete ich im Vorfeld so gut wie gar nichts, da auf der Homepage die deutliche Mehrheit der Aussteller entweder offizielle Abfüllungen oder die üblichen Verdächtigen anbot. Zwar las man dort auch die Namen Cadenhead, Pellegrini, Bristol Spirits und noch einige weitere Unabhängige Abfüller, aber meine Erwartungen hielten sich absolut in Grenzen. Ich kam, um meinen Horizont bezüglich Whisky zu erweitern und vielleicht den ein oder anderen interessanten Rum im Glas zu haben.
Nach entspannten 15 Minuten hatten wir die Tickets in der Hand und entledigten uns unserer Jacken und verließen die "Garderobe" in Richtung Haupthalle. Als erstes machten wir einen kurzen Rundgang und gewannen so einen groben Überblick. Als wir schließlich den Stand von Bristol nicht fanden, schlugen wir im Hallenplan nach. Aber es war weder Bristol noch z.B. Pellegrini in der alphabetisch geordneten Liste auf der linken Seite des Plans zu finden. Mir schwante Übles. Schließlich klickte ich wenige Wochen zuvor schon auf der Homepage der Finest Spirits auf den Namen Bristol und wurde dann, seltsamerweise, zum Importeur Harmonex weitergeleitet und nicht zur Webseite von John Barrett. Ich sagte zu meiner Begleitung, er solle doch einmal nach Harmonex suchen und zack, wir wurden fündig.
Was soll ich sagen? Bristol war mit sage und schreibe einer ganzen Abfüllung vertreten. Ich musste den Stand echt zweimal mit meinen Augen untersuchen, bevor ich das glauben konnte und dachte mir nur: "Wow. Mit nur einer Abfüllung schafft man es als Abfüller schon auf die Hauptseite." Es war der Bristol Rum Caroni 1996. Da ich mit der Destillerie Caroni nie so richtig warm wurde, war Bristol für mich geistlich abgehakt, was wirklich schade war, denn ich hoffte auf die Anwesenheit von John Barrett. Wenigstens hatte Harmonex, neben einigen offiziellen Abfüllungen, die mich wirklich nicht weitergebracht hätten, noch zwei Neuheiten von Pellegrini S.p.A.. Es war der Uitvlugt 1998 15 YO "Chocolate House" und der Barbajos Barbados West Indies 2004 9YO. Beide Rums waren ganz okay, aber leider keine Welthits. Gerade beim ersten hatte ich eigentlich mehr erwartet. Schließlich kostet diese Abfüllung an die 100€. Es war "nur" eine Sherryversion der TWA Uitvlugt 1998 Abfüllungen. Also ein Rum aus der originalen French Savalle Still von Uitvlugt. Beim Barbajos musste ich schmunzeln. Er schmeckte dem Plantation Barbados 2000 mehr als nur ähnlich. Auf dem Label steht auch etwas von Sherryfinish. Aber die Süße ist im Vergleich zum Plantation geradezu harmlos gewesen. Wie schaffte das Pellegrini bloß? Vielleicht sollten sie sich Rat von Plantation Rum einholen. Beide Rums waren nett, aber auch nicht mehr. Ideal für erste Pur-Verkostungen, aber keine Herausforderung für erfahrene Connaisseure. Weiter ging es zum Cadenhead-Stand.
Cadenhead wurde durch Cadenhead Köln vertreten. An die drei Rums hatten sie am Stand. Zumindest kann ich mich nur noch an diese drei Rums erinnern. Den Cadenhead Dated Distillation Kuba ADC 1998 14 YO, den Cadenhead Dated Distillation Trinidad TMAH 1991 21 YO und den Cadenhead Green Label Guyana 15 YO. Wir probierten den erst genannten und waren hin und weg. Kuba in Reinform. Würzig, kraftvoll und nur wenig Maraschino-Kirsche. Der erste Lichtblick im Tunnel quasi. Dieser Rum wäre mir eine Pulle wert. Den Rum aus Trinidad schenkten wir uns, kannten wir doch schon den Vorgänger mit 19 Jahren und auch der Guyana Rum lockte mich nicht so wirklich. Ich probierte meinen ersten Whisky. Es war der Cadenhead Highland Park Distillery 1985 28 YO. Es war ein Wow!-Erlebnis. Ich hatte ja schon viel von Highland Park und seiner Honignote gelesen, aber diese einmal zu schmecken, war doch etwas ganz anderes. Ich fürchte, Highland Park wird für mich nie ein Ersatz für Rockley werden, was ich ja insgeheim mehr als gehofft habe. Zumindest funktionierte es nicht für mich. Der Whisky war laut der netten jungen Dame aber schon ausverkauft und so hakte ich auch dieses Erlebnis geistlich ab.
Weiter ging's mit dem Stand der S.M.W.S.. Neben des aktuellen Programms, gab es auch noch 5 neue Whiskies zu probieren, welche laut des Ausstellers für die Mitglieder erst ab dem 25. Februar erhältlich sein würden. Zufälligerweise bin ich ein Mitglied und wollte wissen, was mich da nun erwarten würde. Wir probierten den Isle of Arran (121.57), Glenrothes (30.75) und den Glenmorangie (125.66). Die Qualität war bei allen drei sehr hoch anzusiedeln. Das war zumindest mein bescheidener Eindruck. Aber bedenken Sie bitte, werte Leser: hier probiert ein Hardcore-Rum-Connaisseur sich zum ersten Mal durch verschiedene Whiskies. Ich werde niemals behaupten, dass ich in diesem Sektor eine Ahnung habe und wenn ich einmal ganz ehrlich bin: ich habe dies auch nicht vor. Es gibt dort schon wahrlich mehr als genug Experten, die dieses Pferd reiten. Einen weiteren braucht es da wirklich nicht.
Die Stimmung wollte nach diesen Tastings aber nicht wirklich so richtig ansteigen. Ein weiterer Spaziergang brachte uns vorbei an Plantation zu Tres Hombres. Für mich sind diese Rums eine nette Idee. Fairtrade und Rum. Klingt nach einer guten Idee. Aber Soleras von Oliver&Oliver locken mich nun wirklich nicht hinter dem Kamin hervor. Eine gute P&R isses aber allemal. Bei einem zweiten Rundgang passierten wir hastig das Fernsehteam vor der Finest Spirits Bar. Auch der Deutsche Rum-Botschafter Dirk Becker erwies der Messe die Ehre. Das Rum-Depot war personell zwar gut vertreten, aber die Auswahl reizte uns beide dennoch nicht wirklich und so verblieben wir dort auch nicht sehr lange. Dominikanische Rums waren noch nie auf meiner "Most Wanted List". Die Nähe von Kameras bereitet mir zudem einfach Unbehagen.
Wir machten beide keinen Hehl aus unserer Enttäuschung. Selbst meine Begleitung hatte die Messe in besserer Erinnerung, nämlich als sie noch kleiner war. Der Trend geht wohl zum Mainstream hin. Zumindest was Rum anbelangt hatte ich diesen Eindruck. Welch ein Jammer. Rumtechnisch hatte ich absolut nichts erwartet und wurde auch zu meiner bitteren Zufriedenheit vollstens bestätigt. Mir hatte diese Messe in dieser Hinsicht nichts Neues zu bieten. Hier konnte ich meinen Horizont bezüglich dieser Spirituose definitiv nicht erweitern. Rum war passé. Der Gedanke, dass sich Whisky-Connaisseure mit dem Großteil dieser Abfüllungen sinnlichen Genüssen hingeben, jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken. War ich wirklich zu einem Über-Nerd mit Null Toleranz mutiert? Ich kam mächtig ins Grübeln. Nach einigen Sekunden des Schreckens beschlossen wir, unsere Aufmerksamkeit wieder ganz der Spirituose zu widmen, mit der die Finest Spirits auch zuerst anfing: Whisky. Ich erinnerte mich daran, den Namen Berry, Bros. & Rudd. an einem Stand des Eingangs gelesen zu haben. Der Name müsste Kennern eigentlich etwas sagen.
Der Stand Nr. 11 gehörte Whiskykeller. Hier gab es Abfüllungen von BB&R. Rum gab es dort zwar auch ganze zwei Abfüllungen, die uns aber an diesem Tag nicht mehr interessierten. Eine stammte aus Mauritius mit dem klangvollen Namen Penny Blue (der Stil ist aber leider nicht mein Fall) und die andere aus der Caroni Destillerie (BB&R Caribbean Rum XO). Die Letzte Abfüllung kannte ich zudem schon. Nach einem Plausch und kurzen Tastings einiger teilweise etwas älterer Whiskies (Linkwood 1999, Littlemill 1990 & Bowmore 1987) blieben wir bei zwei jungen Abfüllungen hängen. Ich favorisierte den BB&R Bunnahabhain 2006 6 YO mit 58,2%. Meine Begleitung den BB&R Bowmore Distillery 2001 11 YO mit 46%. Beide waren "Refill Hogshead". Bei diesen Abfüllungen blieben wir auch den restlichen Tag hängen. Der Bunnahabhain war nicht zu torfig und dreschte angenehm auf meinen Gaumen ein. Die Abfüllung hinterließ einen bleibenden Eindruck in mir. Fruchtige Whiskies sind wohl nicht mein Fall. Aber so viele Abfüllungen hatte ich bisher noch nicht um diesen Trend voll zu bestätigen. Wie es der Zufall so will erlebte ich eine Überraschung: am Stand war Doug McIvor. Die Nase von Berry Bros. & Rudd. Die Nase, welche unter anderem den Berry Bros. & Rudd. Port Mourant 1975 32 YO, den Berrys Bros. & Rudd. Versailles Still 1985 22 YO, den legendären Berry Bros. & Rudd. Rockley Still 1986 21 YO und seine Vorgänger abgefüllt hat. Die folgende Unterhaltung, sie dauerte fast eine Stunde, und diese beiden Whiskies retteten für uns beide die Finest Spirits. Am Ende waren wir um einige Erfahrungen reicher. Der Besuch hatte sich doch noch gelohnt.
Das war mein Messebesuch am Samstag den 15.02.2014. Vielleicht hatte ich einfach wirklich zu viel erwartet, obwohl ich es eigentlich vermeiden wollte. Ob Berlin besser abschneiden würde? Es gäbe nur einen Weg um dies herauszufinden. Allerdings gäbe es dort keine Whiskies, welche eine schartige Klinge während des Besuchs wieder scharf machen könnten. ;)
So long!
Marco